Rittner Sommerspiele 2001
von Karl Schönherr
Regie: Peter Mitterrutzner

Ältere Theaterbesucher haben die Initiatoren der Rittner Sommerspiele schon seit Jahren gefragt: Wann spielt ihr endlich einmal „Die Räuber am Glockenhof“? Das legendäre Volksstück von Rudolf Brix, eine Tiroler Historie, muss wohl vor Jahrzehnten bei einer Heimatbühnen-Aufführung in Lengmoos großen Eindruck hinterlassen haben. Es lehnt sich an einen historischen Vorfall an und beschäftigt sich bei tragischem Ausgang mit dem Typus des ehrlichen Räubers, der eigentlich ein negativer Volksheld mit sozialer Ader ist. Das Hauptaugenmerk des Autors liegt auf dem Problem (und dem Scheitern) der Rückkehr in die bürgerliche Wohlanständigkeit: trotz guten Willens – das ist die Tragik des Helden – gibt es keine Umkehr. Die Gerechtigkeit muss ihren Lauf nehmen, damit nicht das ungesühnte Böse weiterlebt. Dagegen steht die Sehnsucht des Helden nach einer anderen Art Gerechtigkeit als eine Art Mythos der Unterdrückten.
Abgesehen von den Schauwerten des personen-, typen-, und handlungsreichen, auch im Dialog kräftig zupackenden Stücks, regt die Thematik, etwa auf dem Hintergrund der Debatte um die Todesstrafe, auch zur Diskussion um Grundpositionen unseres Rechtssystems an. So dürfen sich die Rittner Sommerspiele, zumal Peter Mitterrutzner für die Regie und viele bekannte Südtiroler Darsteller (u.a. Lukas Lobis, Thomas Hochkofler, Paul Demetz) für die Rollen gewonnen werden konnten und es auch musikalische Einlagen geben wird, auch im kommenden Sommer wieder einen Erfolg erwarten. Premiere ist am 26. Juli im Kommendehof Lengmoos.

Die Sage:
Im Wald bei Volders, durch den der Kuntersweg nach dem Süden führte, lebte ein berühmter Glockengießer, der sich, des ehrsamen Handwerks überdrüssig, mit seinen Gesellen aufs Rauben und Morden verlegt hatte. Zwei Störnäherinnen sahen die Bande blutbefleckt auf den Glockenhof heimkehren. So wurden ihre bösen Taten ruchbar. Der Meister wurde zum Tode verurteilt, erbat sich jedoch die Gnade, seine Verbrechen durch den Guss einer Glocke sühnen zu dürfen. Unter den Klängen seines Werks wurde er mit dem Schwert enthauptet.

Die Geschichte:
Gegen Ende des 15. Jahrhunderts sind bei der Volderer Brücke und im Volderer Wald – entlang der wichtigen Handelsstraße nach dem Süden – tatsächlich Raub- und Mordfälle vorgekommen. Dass der Meister Thomas aus dem angesehenen Geschlecht der Melser, der um diese Zeit auf dem Glockengießerhof im Volderwald lebte, ein Räuber und Mörder gewesen sein soll, ist wohl kaum anzunehmen. Wie so oft haben sich wohl auch hier Sage, Geschichte und Fabulierlust vermengt.

Die Volkserzählung:
Pfarrer Josef Praxmarer, ein bekannter Tiroler Volkserzähler, hat die Geschichte von den Räubern am Glockenhof aufgeschrieben, die Handlung ins Jahr 1629 verlegt und den Meister Hans Gatterer genannt.